Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie (GfV) e.V. zur aktuellen Mpox-Situation

11/11/2024

Stellungnahme der Gesellschaft für Virologie (GfV) e.V. zur aktuellen Mpox-Situation

Mpox (früher Affenpocken) ist eine wiederauftretende, zoonotische und potenziell lebensbedrohliche Viruserkrankung, die durch das Affenpockenvirus verursacht wird. Das Affenpockenvirus ist ein in Zentral- und Westafrika endemisches Pockenvirus. Im Mai 2022 kam es erstmals weltweit zum Auftreten von humanen Mpox-Erkrankungen in über 100 Ländern hervorgerufen durch das Affenpockenvirus Klade IIb. Darüber hinaus steigen seit Anfang 2023 die Mpox-Fälle bei Menschen in der Demokratischen Republik Kongo (DRC) verursacht durch das neue Affenpockenvirus Klade Ib. Eine neue Eigenschaft dieser Affenpockenviren Klade Ib und Klade IIb, ist die anhaltende und effiziente Mensch-zu-Mensch Übertragung, ohne dass ein tierisches Virusreservoir erforderlich ist. Weltweit wurden bereits mehr als 106.000 Mpox-Fälle beim Menschen und 234 damit verbundene Todesfälle gemeldet. Interessanterweise zeichnet sich die Klinik von Infektionen der Klade IIb durch einen milden Verlauf mit umgrenztem Hautausschlag an bestimmten Körperstellen und einer niedrigen Sterblichkeitsrate aus. Im Gegensatz dazu sind die Infektionen mit dem Affenpockenvirus Klade Ib in der Demokratischen Republik Kongo durch schwerere und auch tödliche Krankheitsverläufe mit einem generalisierten Hautauschlag charakterisiert. Bislang ist noch nicht verstanden, warum das Affenpockenvirus sich aktuell so effizient von Mensch zu Mensch verbreitet. Es gibt jedoch Hinweise, dass die Affenpockenviren durch die Zirkulation in der menschlichen Bevölkerung einige Mutationen in ihrem Erbgut erworben haben, die ihnen möglicherweise einen Vorteil bei der Mensch-zu-Mensch Übertragung verschaffen. Das menschliche Enzym APOBEC3 scheint hierbei eine entscheidende Rolle zu spielen.

Nach einer Inkubationszeit von 5-21 Tagen treten zuerst unspezifische Symptome mit allgemeinem Unwohlsein, Fieber, Kopfschmerzen und Müdigkeit auf. Bald darauf folgt der charakteristische generalisierte Hautausschlag, der durch Bläschen und Pusteln gekennzeichnet ist und sich vor allem im Gesicht, am Rumpf und an den Gliedmaßen zeigt. Die Hautmanifestation kann aber auch auf einen bestimmten Körperbereich beschränkt sein, wie beispielsweise auf die Anogenitalregion oder die Mundschleimhaut. In dieser Phase ist der Patient aufgrund der großen Menge an infektiösem Affenpockenvirus in den Läsionen hochgradig ansteckend. Die Übertragung des Affenpockenvirus über Pustel- und Krustenmaterial sowie über Speichel und andere Körpersekrete erfolgt hauptsächlich durch engen körperlichen Kontakt zu infizierten Personen.

Die klinischen Symptome mit dem charakteristischen Hautausschlag lassen bereits eine Infektion mit dem Affenpockenvirus vermuten. Der gesicherte Nachweis von Affenpockenviren erfolgt mittels PCR nach Entnahme von Sekret aus den Pockenläsionen mittels trockenem Tupfer oder nach direkter Entnahme von Krusten oder Hautpartikeln. Eine weiterführende PCR-Diagnostik erlaubt zudem die Differenzierung zwischen den verschiedenen Affenpockenvirusvarianten (Klade Ia und Ib, sowie Klade IIa und IIb).

Aufgrund der hohen Kreuzreaktivität zu anderen Pockenviren schützt die in der Vergangenheit durchgeführte Pockenimpfung mit Vaccinia Virus auch vor Infektionen mit dem Affenpockenvirus. Zugelassene Pockenimpfstoffe, die auf dem modifizierten Vaccinia Virus Ankara (MVA) basieren, sind auch gegen Mpox zugelassen wie beispielsweise IMVANEX in Deutschland. Als verbesserter Impfstoff gegen Pocken beim Menschen wurde MVA bereits zwischen 1964 und 1970 in Deutschland an mehr als 100.000 Menschen als sicher getestet. Nach der MVA-Impfung wurde beim Menschen robuste und langanhaltende pockenvirusspezifische Immunantworten nachgewiesen. MVA wurde während der weltweiten Mpox-Epidemie im Jahr 2022 auch in Deutschland erfolgreich und in großem Umfang eingesetzt. Bemerkenswert ist, dass MVA im Rahmen einer Postexpositionsimpfung bei ungeimpften Menschen nach einer Exposition mit Affenpockenviren einen schweren Erkrankungsverlauf oder gar die Erkrankung selbst verhindern kann. MVA-Impfungen sind ab einem Alter von 18 Jahren zugelassen. Zum Schutz vor Infektion mit den Affenpockenviren empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) die Impfung nach Kontakt mit Mpox-Patienten zur Postexpositionsprophylaxe und zur Prophylaxe bei entsprechender Indikation. Es werden zwei subkutane Impfstoffdosen im Abstand von mindestens 28 Tagen verabreicht. Bei Personen, die in der Vergangenheit bereits gegen Menschenpocken geimpft wurden, kann bereits eine einmalige Impfstoffgabe ausreichend sein. MVA-Impfungen können auch bei immunsupprimierten Personen und Personen mit atopischer Dermatitis durchgeführt werden. Eine symptomatische Therapie von Mpox erfolgt durch lokale Behandlung der Hautläsionen mit entzündungshemmenden und schmerzlindernden Salben. Darüber hinaus gibt es antivirale Substanzen, die beim Menschen zur Anwendung bei Affenpockenvirusinfektionen zugelassen sind. Hierzu gehört Tecovirimat, ein spezifischer Pockenvirus-Inhibitor, der die Virusausbreitung hemmt und dessen Wirksamkeit gegen Affenpockenviren in verschiedenen Studien bestätigt werden konnte. Derzeit laufen Untersuchungen zur Bewertung der Wirksamkeit gegen die verschiedenen Affenpockenvirusvarianten in klinischen Studien. Weitere antivirale Mittel gegen Affenpockenviren sind Brincidofovir und Cidofovir, die die Virusvermehrung hemmen können.

Von Prof. Dr. Ingo Drexler und Prof. Dr. Asisa Volz (Vorsitzende der Kommission Zoonosen und Virusinfektionen der Tiere) in Abstimmung mit dem GfV-Vorstand

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